Das Pflichtteilsrecht und seine Tücken

Das Pflichtteilsrecht wurde geschaffen, damit nahe Familienangehörige wie Kinder, Enkel und Ehepartner von der Erbschaft nicht vollkommen ausgenommen sind. Die Testierfreiheit, sprich die Fähigkeit über die Nachlassverteilung frei zu bestimmen, wird durch dieses Recht somit beschnitten.

Welche Personen haben Anspruch auf das Pflichtteilsrecht?
Damit ein Erbe seinen Pflichtteilsanspruch anmelden kann, sind grundsätzlich zwei Bedingungen zu erfüllen: Er muss pflichtteilsberechtigt sein und Anspruch auf den gesetzlichen Pflichtteil haben. Nachfolgende Verwandte gelten als pflichtteilsberechtigt: Alle Nachkommen des Erblassers wie Kinder, Enkel, Urenkel, egal ob eheliche, nicht eheliche und adoptierte, der Ehepartner oder registrierte Partner des Toten und dessen Eltern. Beispielsweise haben die Großeltern und Geschwister des Gestorbenen keinerlei Ansprüche auf den gesetzlichen Pflichtanteil. Somit können diese nahen Verwandten auch keinen Anspruch auf den Pflichtteil anmelden. Wer konkret auf den Pflichtteil Anspruch hat, ergibt sich aus der Reihenfolge der Erben. So haben direkte Nachkommen wie Kinder gegenüber entfernteren Verwandten das Vorrecht.

Verjährung und Fristen
Beabsichtigt man sein Recht einzufordern, ist es hilfreich, die entsprechenden Fristen zu beachten. Nach Kenntnisnahme vom Tod eines Erblassers müssen die Berechtigten eines Pflichtteils innerhalb von drei Jahren ihren Anspruch geltend machen. Die Verjährung beginnt grundsätzlich am 31. Dezember des Jahres, in dem der Anspruchsberechtigte Kenntnis von seinem Erbanspruch und seiner Enterbung erfahren hat – und nicht direkt mit dem Eintreten des Erbfalles. Beispiel: Ein Sohn, dessen Vater 2016 verstorben ist, erfährt am 27. Januar 2018 vom Tod des Vaters und von seiner testamentarischen Enterbung. Seine Frist für das Pflichtteilsrecht beginnt somit am 31. Dezember 2018 und sein Anspruch verjährt am 01. Januar 2022.

Bemessung und Festsetzung des Pflichtteilsanspruchs
Um die genaue Höhe des Pflichtteils zu erfahren, sollte eine Berechnung des Pflichtteils erfolgen, wenn man einen Anspruch hat. Der Pflichtteil richtet sich prinzipiell immer nach dem Verwandtschaftsgrad des Erben mit dem Erblasser oder der Erblasserin – nähere Angehörige haben ein höheres Anrecht als entferntere Verwandte. Sofern der Umfang des Erbteils bekannt ist, lässt sich der Pflichtteilsanspruch ausrechnen. Er liegt immer bei der Hälfte des gesetzlichen Erbanteils. Zur Berechnung der Höhe des Pflichtteils muss zusätzlich der genaue Nachlasswert bestimmt werden. Zu diesem Zweck kann man von den Erben durch ein Auskunftsersuchen eine Auflistung der Vermögensgegenstände, Schulden und Zuwendungen der letzten zehn Jahre in einem Nachlassverzeichnis einfordern. Aus dem Nachlass können von den Erben Gutachter finanziert werden, die eventuell zur Bestimmung des Nachlasswertes benötigt werden. Die Pflichtteilsberechtigten wiederum können diese Inventarisierung unter notarieller Aufsicht mit begleiten lassen.

Geltendmachen im Pflichtteilsrecht
Normalerweise wird der Pflichtteilsanspruch erst mit dem Eintritt des Erbfalles geltend gemacht. Zu Lebzeiten des Erblassenden kann man den Pflichtteil nicht einfordern, da ein Pflichtteilsanspruch immer erst mit dem Ableben des Erblassers beginnt.

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